Die weißen Tauben sind müde

Wenn eine Verteidigungstüchtigkeit Deutschlands angeblich nicht mehr ausreicht und „Kriegstüchtigkeit“ hergestellt werden soll – dann muss eine neue, große Friedensbewegung wachsen. Von Heribert Prantl Vor vierzig Jahren, Helmut Kohl war seit einem Jahr Bundeskanzler, stimmte der Bundestag der Stationierung nuklearer US-Mittelstreckenraketen vom Typ Pershing II in der Bundesrepublik zu. Das war im November 1983 und

Hirnloses Sparen

Das Karlsruher Urteil zur Schuldenbremse: Das höchste Gericht schadet dem Klima, der Wirtschaft und der Gesellschaft. Von Heribert Prantl Es ist Zeit, an Horst Ehmke zu erinnern. Ehmke war eines der größten Talente, die die Sozialdemokratie je hatte. Er machte zu Zeiten von Willy Brandt aus dem Kanzleramt eine politische Schaltzentrale: selbstbewusst, forsch, nie liebedienerisch.

Letzte Zugabe

„Große Koalitionen“, so hat er einmal gesagt, „sind nicht einfach dazu da, um endlich große Probleme zu lösen, sondern um vier Jahre um sie herumzutanzen“. Dieter Hildebrandt war ein heiterer Mensch, ein begnadeter Pointierer, ein Improvisator, ein gnadenlos-zielsicherer Kommentator der Zeitläufte, einer, der komplexesten Dingen die Komplexität nehmen konnte. Seine Kunst schraubte den Leuten das

Deutschlands Sturz ins Bodenlose

Oskar Maria Graf, der bayerische Weltschriftsteller, war Pazifist. Wegen Befehlsverweigerung kam der junge Soldat Graf 1915 ins Irrenhaus, sein militärischer Vorgesetzter bezeichnete ihn als „Schandfleck der bayerischen Armee“. Graf floh später vor Hitler ins Exil, er lebte samt Lederhose in New York. Auf den ersten Stationen seiner Flucht schrieb er einen bis heute ziemlich unbekannten

Die Entgiftung der Gesellschaft

Wenn kein Parteiverbot beantragt und keine Grundrechtsverwirkung gefordert wird, bewertet das die AfD als Bestätigung dafür, dass bei ihr nichts zu beanstanden ist. Von Heribert Prantl Vor hundert Jahren begann in Deutschland die Hitlerei. Vor hundert Jahren wurde der Hitlerputsch, der sogenannte Marsch zur Feldherrnhalle in München, zurückgeschlagen; nur fürs Erste leider. Zehn Jahre später

Ein Finanzporno

Vor zwei Wochen habe ich mich in meiner SZ-Freitagskolumne mit den strafrechtlichen Ermittlungen wegen Cum-Ex befasst: Die Kölner Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker ist da die Speerspitze der Aufklärung. Die Umstände, unter denen sie ihre Arbeit tut, sind, so schrieb ich, nicht gut. In dem Buch, das ich Ihnen heute empfehle, heißt die Chefermittlerin nicht Brorhilker, sondern

Sahra Sahara

Mit der Wagenknecht-Partei sind extreme Temperaturschwankungen in der deutschen politischen Landschaft zu erwarten – so wie sie für die weltgrößte Wüste bezeichnend sind. Von Heribert Prantl Die meisten hielten sich für Kometen, sie waren aber nur Glühwürmchen: Die Geschichte der Neugründung von Parteien in der Bundesrepublik Deutschland ist eine Glühwürmchengeschichte. Sie leuchten nicht lang. Manche

Die Grenze greift nach innen aus

Eine Begrenzung der Zuwanderung mache uns „nicht zu Unmenschen“, sagt soeben Kanzler Olaf Scholz und fordert Abschiebungen „im großen Stil“. Er weiß freilich genau, dass, sollten jetzt Flüchtlinge aus Palästina zu uns kommen, wir sie nicht abschieben dürfen und können. Wer ein Europa der geschlossenen Grenzen fordert und Europa einmauern will, sollte das Buch lesen,