Vor bald 30 Jahren wurde Antje Vollmer als erste Vertreterin der Grünen zur Bundestagsvizepräsidentin gewählt; gegen den Widerstand der SPD hatte der CDU-Stratege Wolfgang Schäuble den Weg dafür frei gemacht. Vollmer war eine überzeugte, bekennende, trotzige Pazifistin, die sich dann im Laufe der Jahre in ihrer grünen Partei immer einsamer fühlte. Vor einem Jahr ist sie gestorben. Kurz zuvor veröffentlichte sie unter dem Titel „Was ich noch zu sagen hätte“ ihr Vermächtnis. Es ist eine Warnung vor einer erneuten Eskalation von Krieg, Gewalt und Blockkonfrontation und es endet mit dem Satz: „Wer die Welt wirklich retten will, diesen kostbaren einzigartigen wunderbaren Planeten, der muss den Hass und den Krieg gründlich verlernen. Wir haben nur diese eine Zukunftsoption.“

In einem kleinen Buch zum ersten Todestag, in dem auch dieser Beitrag noch einmal abgedruckt ist, diskutieren ihre Weggefährtinnen und Weggefährten darüber, wie Vollmers Vermächtnis als Pazifistin weitergetragen werden kann. Besonders bewegend darin ist der Beitrag ihres Sohnes Johann Vollmer über den „Sound meiner Kindheit, der mich jeden Abend zum Einschlafen begleitete“: Es ist das Klackern und Tickern von Antje Vollmers Schreibmaschine, die sie in ihrer Pariser Studienzeit auf einem Trödelmarkt erstanden und auf der sie ein halbes Leben geschrieben hat. Ihr Sohn interpretiert in seinem Beitrag die letzte Botschaft seiner Mutter so: „Bleibt mutig. Bleibt zuversichtlich. Glaubt an den Dialog. Er ist der einzige Weg.“ Frieden schließe man mit Feinden, nicht mit Freunden – das habe seine Mutter ihm immer wieder gesagt. Und: Wer es nicht schaffe, sich in das Gegenüber hineinzuversetzen, wer nicht zuhören könne, ohne sich damit gleich mit einer Sache gemein zu machen, wer die Tür eines Raumes nicht geschlossen halte und das Gesagte für sich behalten könne, sei in der Diplomatie falsch.

Antje Vollmer u.a.: Den Krieg verlernen. Zum Vermächtnis einer Pazifistin. Eine Flugschrift, VSA-Verlag 2024, 120 Seiten, 10 Euro

Spread the word. Share this post!