Ein revolutionäres Puzzle

„Erfolgsgeschichte einer gescheiterten Revolution“: So lautet der schöne Untertitel des Buches der österreichischen Historikerin Alexandra Bleyer über das Jahr 1848. Es ist ein ziemlich tolles Buch über ein tolles Jahr. Bleyer beginnt mit Überlegungen dazu, ob es sich bei der 48er-Revolution um eine oder viele Revolutionen gehandelt habe. Auf unterschiedlichen Schauplätzen fanden ja parallel wie

Das größte Demokratieverbrechen

Dem Zweiten Weltkrieg folgte der Kalte Krieg, an die Stelle der Vergangenheitsbewältigung trat in der Bundesrepublik Deutschland der Antikommunismus; er war das einigende Band der Wirtschaftswundergesellschaft. Fast wahnhaft sah die Adenauer-Politik hinter jeder Kritik an ihr den Weltkommunismus am Werk. Also wurde sogar ein späterer Bundespräsident von den deutschen Geheimdiensten überwacht und das Telefon seiner

Die Division der unterirdischen Krieger

Das Wichtigste vorweg: Dieser politische Roman von Tilman Spengler ist großartig. Er ist sehr amüsierlich, sehr ironisch und nebenbei auch sehr lehrreich. Er handelt von Macht und Ohnmacht in China, von Kabale und Liebe, von List und Tücke, von kommunistischen Konkurrenzen und Karrieren. Er handelt vom Leben und Arbeiten in einem Land, in dem Politkommissare

Isidors Zauberreich, Isidors Hölle

Die Geschichte vom Aufstieg und Ende des jüdischen Kommerzialrats Dr. Isidor Gellert könnte alles Mögliche sein: eine Tragödie, ein Rührstück, ein Zeitdrama, eine erschütternde Farce oder (die Autorin ist die Großnichte des Protagonisten) eine traurige Familienbiografie. Bücher dieser Art, die vom Unglück jüdischer Vorfahren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts berichten, sind inzwischen Legion,

Lauernde Erinnerungen: Das Marterl

Es ist ein Buch über Idylle und Abgrund, ein Roman über Kindheit und Jugend in einer niederbayerischen Kleinstadt; es ist ein lustiges Buch, es ist ein trauriges Buch, bemerkenswert schnörkellos geschrieben. Es ist das erste Buch des 35-jährigen Journalisten Johannes Laubmeier, der eigentlich eine Reportage über den Tod seines Vaters schreiben wollte, der vor zehn

Kein Schwein ruft mich an

Einsamkeit ist ein großes, ein immer größeres Thema. Die Corona-Krise war und ist nach Ansicht von Caritas-Präsidentin Eva-Maria Welskopp-Deffaa ein „Einsamkeits-Beschleuniger“. Auch auf dem Katholikentag in Stuttgart stelle man und sie sich daher soeben die Frage, wie und wo man in den Zeiten von Social Distancing und Facebook noch Gemeinschaft erleben kann. Für Christinnen und

Wem die Stunde schlägt

Die Autorin Elvira Steppacher ist dem Tod auf der Spur. Sie geht auf den Friedhof, stundenweise, 99 Tage lang. Und sie beobachtet genau: Sie registriert, sie protokolliert, sie recherchiert; sie hält nicht einfach nur fest, was sich da abspielt; sie erfasst die Friedhofsnatur mit kraftvoller Pedanterie und mit subversiver Nachdenklichkeit. „Stundenheft“ nennt sie ihre Beobachtungen