Das Wichtigste vorweg: Dieser politische Roman von Tilman Spengler ist großartig. Er ist sehr amüsierlich, sehr ironisch und nebenbei auch sehr lehrreich. Er handelt von Macht und Ohnmacht in China, von Kabale und Liebe, von List und Tücke, von kommunistischen Konkurrenzen und Karrieren. Er handelt vom Leben und Arbeiten in einem Land, in dem Politkommissare das Sagen haben wollen.
Tilman Spengler ist ein China-Kenner von hohen Graden, er mag das Land, er hat Kanzler und Minister dort fachkundig begleitet. Die chinesische Führung freilich mag ihn nicht unbedingt: Zweimal traf Spengler das offizielle Verdikt, „kein guter Freund“ des Landes zu sein. Kein guter Freund? Das ist ein grandioser, aber nach der Lektüre des Buches verständlicher Irrtum, weil Spengler die subversive Kreativität liebt, mit der seine Protagonisten die autokratischen Strukturen in China unterlaufen. Hauptfigur des Romans ist der Kulturberater Leo Zwirn, der für das Museum für Kunst und Geschichte in der alten Kaiserstadt Xian arbeitet, an das ihn seine russischen und chinesischen Vorgesetzten strafversetzt haben. Es ist die Zeit der Kulturrevolution, Zwirns Museum soll als „rückwärtsgewandte Institution“ geschlossen werden. Spenglers Roman handelt davon, wie Zwirn das verhindert, wie er kunsthistorische Wunder herbeizaubert, wie die berühmte Terracotta-Armee entsteht, die Division der unterirdischen Krieger: Made in China!
Spengler ist das, was man früher einen Tausendsassa nannte: Wissenschaftler, Publizist, Journalist, Schriftsteller. Er war Feuilletonchef der Wochenzeitung Die Woche; er war 28 Jahre lang Herausgeber der Zeitschrift Kursbuch. Er hat wunderbare Erzählungen und Romane geschrieben, am bekanntesten ist „Lenins Hirn“ aus dem Jahr 2003, das in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde. An die Genialität dieses Buchs schließt „Made in China“ an. Der Roman sprüht vor phantastischen, vor aberwitzigen Einfällen. Spengler entwickelt eine ganz neue Art von Suspense, er erfindet das Genre des sinologischen Thrillers.
Tilman Spengler, Made in China. Politischer Roman. 240 Seiten. Erschienen 2021 im Verlag Transit. Das Buch kostet 24 Euro.