Warum soll man die Autobiographie eines Juristen lesen, der 1933 vor Hitler in die USA geflohen ist und dann, 1945, als Besatzungsoffizier und US-Berater, wieder zurück nach Deutschland kam? Warum soll man die Lebenserinnerungen eines Mannes lesen, der einst ein erfolgreicher Rechtsanwalt in München war und dann in den USA ein glänzender Verfassungspolitologe wurde? Warum soll man ein 400-Seiten-Buch von und über einen Mann lesen, der 1973 gestorben ist und dessen Namen hierzulande kaum noch jemand kennt?

Weil dieser Mann, Karl Loewenstein, die Lehre von der wehrhaften Demokratie begründet hat. Es ist dies die Lehre, die, wenn es um ein Verbot der AfD geht, eine zentrale Rolle spielt. (Ich habe darüber in meiner SZ-Kolumne in der vergangenen Woche geschrieben.) „Die Erinnerungen eines ausgewanderten Juristen“ in seinem Buch „Des Lebens Überfluß sind rundum anregend, aufregend und pointiert, sie sind bisweilen ironisch, immer kurzweilig und unterhaltsam. Loewenstein schwadroniert nicht, er streichelt nicht seine Gelehrsamkeit. Das Buch ist sein Lebensroman und ein Kaleidoskop des 20. Jahrhunderts.

Der Titel verwundert: Er zitiert nämlich eine Novelle des Romantikers Ludwig Tieck aus dem Jahr 1839. Die handelt von einem jungen Paar, das arm, verliebt und glücklich in einer Dachstube lebt. Die adlige Clara und der bürgerliche Heinrich haben gegen den Willen von Claras Vater geheiratet und verstecken sich vor ihm in der Dachstube. Als ihnen im Winter das Brennholz ausgeht, verfeuern sie die Holztreppe und sind damit abgeschnitten von der Außenwelt. Beim Lesen von Loewensteins Lebenserinnerungen – die vom Münsteraner Rechtsprofessor Oliver Lepsius und anderen wunderbar ediert wurden – fragt man sich immer wieder, warum Loewenstein diesen Titel und diesen Bezug gewählt hat. Vielleicht deswegen, weil er trotz aller Widrigkeiten ein erfülltes und glückliches Leben geführt hat.

Karl Loewenstein: Des Lebens Überfluß. Erinnerungen eines ausgewanderten Juristen. Das Buch wurde herausgegeben von Oliver Lepsius, Robert Chr. van Ooyen und Frank Schale, es ist 2023 im Verlag Siebeck-Mohr erschienen, es hat 400 Seiten und kostet 39 Euro.

Warum soll man die Autobiographie eines Juristen lesen, der 1933 vor Hitler in die USA geflohen ist und dann, 1945, als Besatzungsoffizier und US-Berater, wieder zurück nach Deutschland kam? Warum soll man die Lebenserinnerungen eines Mannes lesen, der einst ein erfolgreicher Rechtsanwalt in München war und dann in den USA ein glänzender Verfassungspolitologe wurde? Warum soll man ein 400-Seiten-Buch von und über einen Mann lesen, der 1973 gestorben ist und dessen Namen hierzulande kaum noch jemand kennt?

Weil dieser Mann, Karl Loewenstein, die Lehre von der wehrhaften Demokratie begründet hat. Es ist dies die Lehre, die, wenn es um ein Verbot der AfD geht, eine zentrale Rolle spielt. (Ich habe darüber in meiner SZ-Kolumne in der vergangenen Woche geschrieben.) „Die Erinnerungen eines ausgewanderten Juristen“ in seinem Buch „Des Lebens Überfluß sind rundum anregend, aufregend und pointiert, sie sind bisweilen ironisch, immer kurzweilig und unterhaltsam. Loewenstein schwadroniert nicht, er streichelt nicht seine Gelehrsamkeit. Das Buch ist sein Lebensroman und ein Kaleidoskop des 20. Jahrhunderts.

Der Titel verwundert: Er zitiert nämlich eine Novelle des Romantikers Ludwig Tieck aus dem Jahr 1839. Die handelt von einem jungen Paar, das arm, verliebt und glücklich in einer Dachstube lebt. Die adlige Clara und der bürgerliche Heinrich haben gegen den Willen von Claras Vater geheiratet und verstecken sich vor ihm in der Dachstube. Als ihnen im Winter das Brennholz ausgeht, verfeuern sie die Holztreppe und sind damit abgeschnitten von der Außenwelt. Beim Lesen von Loewensteins Lebenserinnerungen – die vom Münsteraner Rechtsprofessor Oliver Lepsius und anderen wunderbar ediert wurden – fragt man sich immer wieder, warum Loewenstein diesen Titel und diesen Bezug gewählt hat. Vielleicht deswegen, weil er trotz aller Widrigkeiten ein erfülltes und glückliches Leben geführt hat.

Karl Loewenstein: Des Lebens Überfluß. Erinnerungen eines ausgewanderten Juristen. Das Buch wurde herausgegeben von Oliver Lepsius, Robert Chr. van Ooyen und Frank Schale, es ist 2023 im Verlag Siebeck-Mohr erschienen, es hat 400 Seiten und kostet 39 Euro.