In den nächsten Wochen werden wir viel daran denken: Vor achtzig Jahren ging der Zweite Weltkrieg zu Ende. Und die letzten Deutschen, die ihn geführt, erlebt und erlitten haben, verabschieden sich aus dem Leben. Welche Botschaft, welche Lehren, welche Leere hinterlässt uns die Kriegsgeneration? Darüber hat der Journalist Sebastian Schoepp ein anrührend-radikales, ein kritisches und doch versöhnliches Buch geschrieben. Es handelt vom Abschied von der Kriegsgeneration, von einem Abschied, der in Alters- und Pflegeheimen vollzogen wird und bei dem die Odyssee durchs Gesundheitssystem zum Alltag gehört. Der Autor, der viele Jahre außenpolitischer Redakteur der Süddeutschen Zeitung war, hat diese deutsche Odyssee mitgemacht. Er hat auf den schönen Korrespondenten-Posten der SZ in Buenos Aires, der ihm da gerade winkte, verzichtet, er ist also nicht nach Lateinamerika gegangen; er hat sich stattdessen der Pflege der Eltern gewidmet.
Vom Jahrgang her ist Schoepp ein Kriegsenkel, von der Familiengeschichte her ein Kriegskind. Der Vater, Jahrgang 1923, hatte als Soldat an der Ostfront gekämpft; die Mutter, zwei Jahre jünger, hatte die Bombennächte in Berlin durchgemacht. Welche traumatischen Erlebnisse sie davongetragen haben mochten, so schreibt Schoepp am Anfang des Buches, „konnte ich nur erahnen“. In seiner Familie regierte ein zähes Schweigen über die Vergangenheit. Am ersten Heiligabend nach dem Tod der Eltern, vor dem Bullerofen mit den Buchenscheiten im elterlichen Häuschen, beginnt der Sohn zu recherchieren. Das Ergebnis der Recherche steht in diesem Buch. Es hat mich so fasziniert, dass ich das Vorwort dazu verfasst habe. Es endet mit dem Satz: Das Buch sei „eine kleine, eine große 320 Seiten lange Kostbarkeit“.
Sebastian Schoepp: Seht zu, wie ihr zurechtkommt. Was die Kriegsgeneration in uns hinterlässt. Das Buch ist 2024 als Taschenbuch im Westend-Verlag erschienen, es hat 320 Seiten und kostet 14 Euro. Als ungekürztes Hörbuch, gelesen vom Autor, ist es beim Montalto Verita Verlag zu haben, Sprechdauer 9 Stunden 42 Minuten.