Wie oft darf, soll, muss in einem Kinderbuch, in dem es um den Frieden geht, das Wort „Frieden“ vorkommen? Muss das Wort schon im Titel des Buches stehen? Muss da schon stehen, was mit dem Buch erreicht werden soll? So ist es beim Buch von Annika Klee und Nina Alaska, das „Wie wir den Frieden lernten“ heißt. Es handelt von zwei Schulklassen, Parallelklassen, die in einer heftigen Fehde leben. Das Buch erzählt, wie es zu dieser Fehde kommt, wie sie sich entwickelt, sich steigert, was sie zerstört – und wie diese Feindschaft dann wieder entschärft, entspannt und schließlich entsorgt wird.

Auf der ersten Textseite des Buches steht das Wort „Frieden“ viermal, das Wort „Krieg“ auch viermal, auf der letzten steht das Wort „Frieden“ fünfmal und das Wort „Krieg“ keinmal mehr. Er ist ja vorbei und das ist der Gehalt des schön gemalten Buches. Ein Zeigefinger ist bei den Illustrationen nicht dabei und trotzdem ist er ganz schön groß: Er erstreckt sich von Seite 9 bis Seite 39. Und ein Vorwort von Elke Büdenbender, der Frau des Bundespräsidenten und Schirmherrin des UN-Kinderhilfswerk UNICEF, kommt auch noch dazu. Das alles ist fein und wunderbar gut gemeint. Aber es fehlt auch nur ein Hauch von liebe- und fantasievoller Subversivität. Es fehlt sozusagen ein wenig Dreck unterm Nagel des großen Zeigefingers.

Ist es womöglich besser, auf eine erzählende Geschichte ganz zu verzichten und stattdessen einfach Fragen zu beantworten? Das macht ein Kinderbuch, das die Kölner Psychologin Elisabeth Raffauf geschrieben und Günther Jakobs illustriert hat. „Antworten auf Kinderfragen zu Krieg, Gewalt, Flucht und Versöhnung“ heißt es im Untertitel. Der Haupttitel lautet: „Wann ist endlich Frieden?“ Aber diese Frage ist zu abstrakt und zu allgemein, um einfach darauf los zu antworten. Deshalb ist das 45-Seiten-Buch mit den „Antworten auf Kinderfragen“ eine Art Frage-Vokabelheft geworden: Was bedeutet Frieden? Was ist Krieg? Wie geht es den Menschen im Krieg? Warum erschießen Menschen andere Menschen? Warum gibt es die Vereinten Nationen?

Es sind Fragen, bei denen Erwachsene ein gutes Gefühl haben, weil die dargereichten Antworten sie quasi zu Friedenspädagogen machen. Manche Fragen sind auch böser und konkreter – zum Beispiel diese: „Kann man die Chefin und den Chef eines Landes, die oder der den Krieg befiehlt, nicht umbringen oder wenigstens verhaften?“ Die Antworten, die auf solche Fragen gegeben werden, sind allesamt richtig und manchmal auch anregend. Aber als ein Kinderbuch sollte man das Buch eigentlich nicht bezeichnen. Es ist ein Buch für Erwachsene, das sie auf Kriegs- und Friedensgespräche mit Kindern vorbereiten kann. Und das ist ja schon etwas. Es ist ein „Trau-dich-über-so-was-reden“-Buch.

Annika Klee, Nini Alaska (Illustrationen): Wie wir den Frieden lernten. Das Buch hat 32 Seiten, ist 2023 im Jupitermondverlag in Würzburg erschienen und kostet 22,90 Euro.