Es ist jetzt verfilmt, las ich. Da habe ich das Buch aus dem Regal geholt und mir das Kapitel über Frau Guse gegönnt und gleich danach noch das über Herrn Paulke – und weil ich nicht aufhören konnte, noch das über Frau Blumeier. Und Herr Pietsch durfte auch nicht fehlen. Höchste Zeit, dass ich Ihnen den großen kleinen Roman „Marzahn, mon amour. Geschichten einer Fußpflegerin“ empfehle, der vor sechs Jahren erschienen ist. Mit 45, in den mittleren Jahren, „in denen du weder jung noch alt bist“, packt die erfolglose Schriftstellerin Katja Oskamp (Foto: Regina Schmeken) Kleidung, Schuhe, Handtücher und Spannbettlaken in eine große Tasche und strebt einem neuen beruflichen Ziel zu. Sie beginnt eine Ausbildung zur Fußpflegerin. „Wir waren ganz unten bei den Füßen angelangt, an denen wir, nichtsdestotrotz, scheiterten, Frauen wie wir, mittelalte Mütter, bemüht und brav, namenlose Vertreterinnen eines namenlosen Mittelfelds, degradiert zu Fußnoten unseres eigenen Lebens.“ 

Katja Oskamp schafft ihre Ausbildung allem selbstironischen Defätismus zum Trotz und arbeitet fortan an ihrer neuen Wirkungsstätte, einem Kosmetiksalon in Berlin-Marzahn, auf Hühneraugenhöhe mit ihrer Kundschaft. Entstanden ist daraus ein hinreißender Roman über die Plattenbauwelt und ihre Bewohner, voller Wärme, Witz und Weisheit. Und voller fantastischer Menschenkenntnis. Denn die gewinnt man, wenn man ungefähr dreitausendachthundert Füße gepflegt hat, das sind neunzehntausend Zehen, und jeden einzelnen dieser Zehen zwischen Daumen und Zeigefinger in den Pinzettengriff genommen hat. Katja Oskamps Roman ist großartig, oder mit Frau Guses Worten: „Dit hamse aba wieda schön jemacht.“ Wie die im Voraus hochgelobte Verfilmung gelungen ist, werde ich noch feststellen. Ob Sie sie anschauen oder nicht: Katja Oskamps Buch zu lesen ist ein Muss – und das pure Vergnügen. 

Katja Oskamp: Marzahn, mon amour. Geschichten einer Fußpflegerin.Das Buch ist 2019 im Hanser Verlag erschienen, hat 144 Seiten und kostet 16 Euro.