Von Janusz Korczak, dem großen polnischen Reformpädagogen, Schriftsteller und Arzt, stammt der Satz: „Das Kind tut Wunder wie der Frühling“. Das Buch, das ich Ihnen heute empfehle, ist wie eine Wundertüte. Es erzählt von dem Mann, der die „Pädagogik der Achtung“ gelehrt und praktiziert hat. Nicht nur in seinen Kinderbüchern, auch in seinen Waisenhäusern entwickelte Korczak ein System der Selbstverwaltung der Kinder, er baute dort demokratische Strukturen auf – mit einem Kinderparlament, einem Kindergericht und einer Kinderzeitung. „Ich will wieder ein Kind sein“ wünscht er sich in einer seiner schönen Kindergeschichten. Es ist ihm auf faszinierende Weise gelungen. Das Einfühlen in die Kinderseele ist der Kern seiner Pädagogik.

Wenn man sich dem Korczak-Denkmal nähert, das im schwäbischen Städtchen Günzburg steht und vor zwanzig Jahren eingeweiht wurde, ist der Weg von Bronzeplatten mit Zitaten von Korzcak gesäumt. Eines lautet: „Es ist einer der schlimmsten Fehler zu meinen, die Pädagogik sei die Wissenschaft vom Kind und nicht – vom Menschen“. Warum steht dieses Denkmal in Günzburg? Weil Siegfried Steiger, ein Gymnasiallehrer dort, das Werk des Reformpädagogen entdeckt und studiert hat, weil er fasziniert war von dessen fröhlicher Pädagogik und tief beeindruckt von dessen Schicksal: Korczak, der Weise im Waisenhaus, hat 1942 seine Kinder aus dem jüdischen Waisenhaus – es waren an die zweihundert – ins Vernichtungslager Treblinka begleitet. Mehrere Angebote zu seiner persönlichen Rettung lehnte er ab, er wollte seine Kinder nicht im Stich lassen. Er ist mit seinen Kindern gestorben, ermordet von den Nationalsozialisten im Zug ihrer Mordaktionen, die sie die „Endlösung der Judenfrage“ nannten. Siegfried Steiger, mittlerweile Ehrenpräsident der Korczak-Gesellschaft, hat mit dem von ihm gegründeten Experimentellen Theater Günzburg etliche Theaterstücke über Korczak inszeniert, die im In- und Ausland präsentiert wurden.

Davon, auch von seinen Korczak-Recherchen und Korczak-Projekten erzählt und berichtet er in dem soeben erschienen Buch „Korczaks Erbe leuchtet weiter“. Es leuchtet in schwäbischen Städtchen Günzburg auch deswegen besonders mahnend, weil das der Geburtsort des nationalsozialistischen Kriegsverbrechers Josef Mengele ist, der als KZ-Lagerarzt unzählige Menschen in den Tod geschickt hat.

Siegfried Steiger: Korczaks Erbe leuchtet weiter … Erinnerung will Licht sein. Das Buch ist im November 2023 im ex-theatro-Verlag Günzburg erschienen, es hat 264 Seiten und kostet 25 Euro.

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