Über Freiheit kann man dicke Bücher schreiben und eindringliche Leitartikel. Über Freiheit kann man philosophieren, lamentieren, kommentieren. In meinem Abituraufsatz, lange her, hatte ich darüber nachdenken sollen, „warum Freiheit mehr ist als ein Wort“. Ich habe damals geschrieben, dass Freiheit ein Wert sei. Wie viel sie wert ist – das hat mich dann viele Journalistenjahre und viele tausend Zeitungszeilen lang beschäftigt. „Wir sind der einzige Beruf“, so sage ich gern über den Journalismus, „für den es ein eigenes Grundrecht gibt, nämlich die Pressefreiheit.“ Und diese Pressefreiheit sei nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht. Sie ist die Pflicht, auf die Grund- und Freiheitsrechte aufzupassen, gerade in Krisenzeiten, denn: Nicht die Freiheit muss sich rechtfertigen, sondern ihre Beschränkung und Begrenzung. Das war und ist mein journalistisch-politisches Motto.
Ich habe mich daher gefreut wie Bolle, als mir 2022 der „Memminger Freiheitspreis“ verliehen wurde. Der Preis erinnert an die zwölf Memminger Bauernartikel von 1525, die ein Monument der Freiheitsgeschichte sind und eine Gesellschaft gefordert haben, in der „brüderliche Gerechtigkeyth“ herrscht. Den neuen Freiheitspreis erhält in der kommenden Woche Christian Streich, der ehemalige, höchst erfolgreiche Fußballtrainer des SC Freiburg, der immer wieder mit pointiert grundrechtsfesten Stellungnahmen aufgefallen ist. Über die AfD hat er gesagt: „Es kann mir keiner kommen und sich als Protestwähler bezeichnen. Es soll mir keiner rumjammern, wenn er hinterher von einer rechtsnationalen Partei autokratisch regiert wird.“
Die Buchläden im Allgäu und im ganzen Schwabenland haben sich und ihr aktuelles Sortiment auf die Freiheitspreis-Verleihung 2025 eingestellt. Beim Sichten und Suchen dort habe ich ein ganz, ganz tolles Bilderbuch entdeckt. Es trägt den Titel „Freiheit… du große Wundertüte“. Es ist ein philosophisches Kinderbuch, voller Witz und Leichtigkeit, Originalität und Inspiration. Die Autorin Sybille Hein hat darin die Freiheit im Alltag gemalt und beschrieben – vom Sprungbrett im Schwimmbad bis zur Kissenschlacht im Kinderzimmer. Sie scheut aber auch die großen Themen nicht: Wie sieht die Freiheit dort aus, wo sie verboten ist? Und welchen Preis zahlen manche Menschen für die Freiheit? Und sie kommt zum Fazit: „Viel zu häufig braucht Freiheit eine große Portion Mut.“ Es braucht keinen Mut, dieses Buch zu verschenken. Aber der Opa, die Oma, der Onkel oder die Tante sollte sich dann viel Zeit nehmen, darin mit den Kindern zu lesen und darüber zu reden. Es ist ein Erlebnis, es ist eine Wundertüte.
Sybille Hein: Freiheit…du große Wundertüte. Das Buch ist gebunden, hat 48 Seiten, ist bei Fischer/Sauerländer erschienen und kostet 15,90 Euro. Es ist ein Buch für Kinder ab fünf und für Erwachsene ab drei.