Ohne Goethe geht es nicht. „Regensburg liegt gar schön. Die Gegend musste eine Stadt herlocken“. So notiert es Großmeister Goethe am 3. September 1786 auf seiner Italienischen Reise, und so wird es in den Reiseführern gern zitiert. Aber: Schön liegen tun viele andere Städte auch; die uralte Stadt Regensburg ist schön. Sie hat, wie Wim Wenders sagt, das Flair einer „traumhaften italienischen Stadt“. Und die Regensburger Altstadt ist das größte mittelalterliche Ensemble nördlich der Alpen und umfasst fast tausend denkmalgeschützte Bauwerke.

„Es ist herzergreifend, wie diese berühmte alte Stadt jetzt durch die Auflösung des Reichstags öde und leer ist; nur die Kirchen schauen, erhaben über die kleinlichen Jahre, einsam aus den alten kräftigen Zeiten der Herrlichkeit herüber“. Das schrieb Joseph von Eichendorff, zwanzig Jahre nach Goethe. Mit den Zeiten der Herrlichkeit meinte er die des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, die mit der Auflösung des Immerwährenden Reichstags zu Regensburg im Jahr 1806 zu Ende waren. Die Gesandtschaften hatten ihr Mobiliar an die örtlichen Bäcker- und Metzgermeister verscherbelt und waren, die Thurn und Taxis ausgenommen, abgereist; in der Gesandtenstraße etablierte sich eine Schnupftabakfabrik.

Seitdem war in Regensburg die Vergangenheit noch viel vergangener als anderswo; diese Vergangenheit beginnt mit der Dritten Italischen Legion, die dort ihr Castra Regina baute, ihre Burg am Regen; und sie hört in dieser Stadt etwa dort auf, wo sie in Berlin allmählich anfängt. Keine andere Stadt in Deutschland hat dann so tief und so lang geschlafen, keine andere ist so erfrischt aufgewacht. Die alte Herrlichkeit ist wieder da, und deswegen kommen die Touristen zuhauf.

Der Germanist Michael Kohlhäufl, der Literaturprofessor Stefan Lindinger und der ehemalige NDR-Redakteur und jetzige Gästeführer Willm Schmülling haben ein prächtiges Regensburg-Buch komponiert, aus Zitaten und Texten von 36 Literaten – von Ernst Moritz Arndt bis Günter Wallraff, von Samuel Beckett bis Jean Paul. Wenn man Regensburg nicht schon liebt, wie ich es tue, dann wird man mit diesem Buch zum Liebhaber. Der Fotograf Uwe Moosburger hat die Herrlichkeit aus den ungewöhnlichsten Perspektiven fotografiert und auch unbekannte Orte aufgespürt, die literarische Inspirationsquelle gewesen sind.

Michael Kohlhäufl/Stefan Lindinger/Willm Schmülling (Hrsg.): Literarischer Streifzug durch Regensburg. Impressionen von Goethe bis Wim Wenders. Das Buch ist 2022 im Verlag Friedrich Pustet erschienen, es hat reich bebilderte 192 Seiten und kostet 19,95 Euro.

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