Hartmut Palmer war ein politischer Korrespondent der Sonder- und Extraklasse. In den großen Zeiten des Spiegel galt er – zu Recht – als einer der Großen des Magazins: Bis 2015 hat er dort viele Jahre akribisch, mutig, zupackend und unbeirrbar innenpolitische Affären und Skandale aufgedeckt. Palmer war ein Aufklärer. Und er ist ein journalistischer Aufklärer geblieben, nachdem er aus Altersgründen aus der Redaktion ausschied und freier Journalist und Buchautor wurde: mit klarem Blick und klarem Urteil. In wenigen Tagen wird Hartmut Palmer 84 Jahre alt und wie viel Aufklärungskraft und politische Power noch immer in ihm stecken, zeigt er in seinem AfD-Roman, der soeben erschienen ist. Der Roman heißt „Reich der Lügen“ (Untertitel: „Kurt Zink und die Allianz der Wutbürger“) und es ist dies nicht einfach nur ein Roman; es ist dies ein fesselnder und lehrreicher Polit-Thriller über den Aufstieg und die Gefahren des Rechtsextremismus in Deutschland.
In seiner Anmerkung zum Personenregister schreibt Palmer: „Ähnlichkeiten mit tatsächlich lebenden Personen sind keineswegs zufällig, sondern beabsichtigt.“ Er baut sie ein in eine fiktive Geschichte, die vor einem realen Hintergrund spielt. In der Partei, die „Allianz für Deutschland“ heißt, erkennt man sogleich die AfD; in Julius Plück, beurlaubter Lehrer für Geschichte und Fraktionschef im Thüringer Landtag, erkennt man den Neonazi Björn Höcke, und in Kurt Zink, „Journalist im Ruhestand“, erkennt man den Meister Palmer höchstselbst. Und man muss auch nicht lange rätseln, was es mit Wilhelm XIII. Prinz Suhl auf sich hat, der die Bundesregierung stürzen und als Staatsoberhaupt eines neuen Deutschen Reiches in das Berliner Stadtschloss einziehen will.
Der Politkrimi beginnt damit, dass der pensionierte Polizist Siegfried Iserlohe (der einst als Personenschützer Helmut Schmidt bewacht hat) nach einem Treffen mit dem Journalisten Zink ermordet in einem Wald bei Templin gefunden wird. Die Dialoge im Buch sind prickelnd aktuell. Und man möchte das Buch nicht zur Seite legen, bis man auch die letzte Seite gelesen hat. Ein politkriminalistisches Meisterwerk.
Hartmut Palmer: Reich der Lügen. Kurz Zink und die Allianz der Wutbürger. Der Roman hat 280 Seiten, er ist im Gmeiner-Verlag erschienen und kostet 18 Euro.