Wenn man sich mit Grenzen befasst, kommt man an dem Alterswerk des bald 85-jährigen Althistorikers Alexander Demandt nicht vorbei. Demandt hat im Jahr 2020 ein dickes Buch mit dem schlichten Titel „Grenzen. Geschichte und Gegenwart“ publiziert, 656 Seiten. Er schlägt den Bogen von den Hochkulturen des Alten Orient bis in die Gegenwart, von der Chinesischen Mauer bis zum Eisernen Vorhang. Und er kommt zum Ergebnis, der Wille zur Machtexpansion und damit zu Grenzveränderungen sei schlicht eine „Konstante wie in der Biologie, so in der Politik und in der Wirtschaft“.

Imperialisten träumen von einem „Imperium sine fine“, von einem Imperium ohne räumliche und zeitliche Grenzen. Der römische Dichter Vergil hatte einst die Vorstellung von einer unbegrenzten Weltherrschaft Roms. Aber Demandt stellt nüchtern dazu fest: „Als das Reich im 5. Jahrhundert keine sicheren räumlichen Grenzen mehr hatte, was seine zeitliche Grenze erreicht“. Demandt ist ein Freund von Grenzen, er weiß um das Bedürfnis nach stabilen territorialen Grenzen. Er weiß aber auch, dass sie ebenso Frieden wie Krieg bringen können: „Sie schlichten alten Streit und wecken neuen“. Wenn es um die Grenzen in Zukunft geht, übergibt der Historiker „den Stab dem Politiker“ – mit mäkelnden Bemerkungen zur Flüchtlingspolitik und mit der Aufforderung zur „Rückbesinnung auf das staatliche Gehäuse, in dem wir leben“. Demandts letzter raunender Satz: „Es geht wie stets um die Grenze des Vernünftigen“.

Alexander Demandt: Grenzen. Geschichte und Gegenwart. Das Buch ist 2020 im Verlag Propyläen erschienen, es hat 656 Seiten und kostet 28 Euro.

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