Jahreszahlenbücher gibt es viele. Sie machen mich üblicherweise nicht so an. Das hier schon. Dieses Buch von Christian Bommarius über Deutschland im Jahr 1923 heißt „Im Rausch des Aufruhrs“. Es ist keine Aufzählung von Daten und Ereignissen, es ist kein erweiterter Kalender, es ist auch mehr als eine Collage; es ist ein raffiniertes literarisches Werk über ein wahnsinniges Jahr: Das Jahr 1923 ist das Jahr, in dem Hitler putschte und Brecht seine ersten Triumphe feierte, es ist das Jahr, in dem sich das Geld in Luft auflöste. Es ist das Jahr, in dem ein Kilo Brot mit Milliarden aufgewogen wurde, es ist das Jahr, in dem noch der Erste Weltkrieg steckt und der Zweite schon heraufzieht und zugleich aber das Jahr, in dem erst einmal noch die zwanziger Jahre golden werden.

Ich hatte das Buch schon im Vorabdruck im November/Dezember vergangenen Jahres gelesen – und gepriesen: So ein wahnsinniges Jahr braucht einen wahnsinnig guten Erzähler. Christian Bommarius, früher Journalist bei der dpa, bei der Badischen und der Berliner Zeitung, jetzt Schriftsteller, ist so einer. Er bringt das Drunter und Drüber dieses Hyperkrisenjahres mit Brillanz auf die Reihe … Das stimmt. Jetzt ist das Buch auf dem Markt, und ich habe es im Licht der Turbulenzen von heute, der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg, noch einmal gelesen. Es lohnt sich. Man spürt: Der Wahnsinn hat Geschichte. Das Buch über das Jahr 1923 ist eine packende Lektüre.

Christian Bommarius: Im Rausch des Aufruhrs. Deutschland 1923. Das Buch ist 2022 bei dtv erschienen, es hat 344 Seiten und kostet 24,70 Euro.

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