Ein solches Album, ein CD-Album mit Liedern der deutschen Revolution von 1848, habe ich mir immer gewünscht: zum Nachlesen, zum Lernen, zum Mitsingen. Kurz vor der Rede des Bundespräsidenten zum 175. Jubiläum des Paulskirchenparlaments am vergangenen Donnerstag habe ich entdeckt, dass es dieses Album schon gibt; die Sängerin Joana hat es im November 2019 aufgenommen. Sie singt Barrikadenlieder, Liebeslieder, Gassenhauer, Spottverse; sie singt das Hunger-Lied, das Hambach-Lied, das Hecker-Lied, sie singt das Lied der Auswanderer nach Amerika („Halleluja, hallelujah, / wir wandern nach Amerika“), und sie singt das Badische Wiegenlied, das daran erinnert, wie die vom badischen Großherzog zu Hilfe gerufenen Truppen des Preußenkönigs gegen die revolutionären Demokraten gewütet haben: „Schlaf, mein Kind, schlaf leis, dort draußen geht der Preuß / deinen Vater hat er umgebracht, deine Mutter hat er arm gemacht, / und wer nicht schläft in guter Ruh‘, dem drückt der Preuß die Augen zu“. Es ist dies, 175 Jahre später, immer noch ein Gänsehaut-Lied.

Wir hören gesungene Demokratiegeschichte: Wilde Lieder, bittere Lieder, berührende Lieder, Lieder voller Hoffnung und voller Verzweiflung – bissig, packend, anrührend. Die Chansonette Joana hat sie wunderbar interpretiert, ohne Schmalz und Pathos, mit feiner Farbe. Die Liedtexte sind im schönen Booklet zur CD abgedruckt und von der Sängerin mit Kurzinfos in den geschichtlichen Zusammenhang gesetzt. Meine Empfehlung ist also diesmal eine Lese- und eine Hörempfehlung. Und sie ist eine Singempfehlung, denn die Lieder regen zum Nachsingen an – „auch im ehrenvollen Erinnern an diejenigen, die sie verfasst haben“, wie die Sängerin schreibt. Es sind dies Demokraten wie Georg Herwegh, Wilhelm Weitling, Heinrich Heine, Philipp Jakob Siebenpfeiffer und Ludwig Pfau. Am vergangenen Donnerstag erinnerte der Bundespräsident in der Frankfurter Paulskirche sehr klug an die „schwierigen Lehrjahre der Demokratie“. Wie schwer sie waren, das lehren die Lieder von damals. Sie lassen spüren, wie aufreibend, wie gefährlich und wie erbittert damals gerungen wurde. Als ich die Festrede von Frank-Walter Steinmeier noch einmal nachgelesen hatte, legte ich mir die CD von Joana auf. „Tun wir was dazu“, heißt sie; und ich fühlte: Diese Geschichte gehört zur Gegenwart.

Joana: Tun wir was dazu. 19 Lieder aus der Deutschen Revolution von 1848/49. Veröffentlicht bei Wolkenstein (Mäule & Gosch). Gesamtspielzeit 53:10. Das Album kostet auf CD 18,95 Euro. Auch bei Amazon Music, Apple Music und Spotify verfügbar.

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