Es gibt Bücher, die sind zum Lesen. Und es gibt Bücher, die sind zum Verschlingen. Ulrich Chaussys Buch über Arthur Eichengrün ist so ein Buch. Es ist ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen mag, es ist die unglaublich spannende, die faszinierende und bedrückende Biografie eines Vergessenen. Der Mann, den Chaussy aus der Vergessenheit herausreißt und herausschreibt, war ein großartiger deutsch-jüdischer Chemiker, dem die Welt, unter anderem, das Aspirin verdankt. Chaussy charakterisiert ihn im Untertitel seines Buches trefflich so: „Der Mann, der alles erfinden konnte, nur nicht sich selbst.“

Chaussy hat viele Kunststoffe erfunden, unter anderem die Kunststoffbespannung Cellon für den Zeppelin. Und eben das ASS, die Acetylsalicylsäure, chemische Formel C₉H₈O₄, genannt Aspirin. Der Dank dafür war die Deportation durch die Nazis ins Konzentrationslager Theresienstadt. Eichengrün hat das zigtausendfache Morden dort überlebt. Er gehört zu denen, die von der Roten Armee befreit wurden. Der Journalist Chaussy, der die Spuren des Erfinderlebens und des bitteren Schicksals von Eichengrün akribisch verfolgt hat, ist als hartnäckiger und erfolgreicher Wahrheitssucher (beispielweise zum Oktoberfestattentat von 1980) bekannt. Chaussy schildert, unter anderem, Eichengrüns Nachbarschaft zu Adolf Hitler auf dem Obersalzberg. Der Chemiker hatte dort ein Ferienhaus neben dem späteren Anwesen des Diktators.

Ulrich Chaussy: Arthur Eichengrün. Der Mann, der alles erfinden konnte, nur nicht sich selbst. Das Buch ist 2023 im Verlag Herder erschienen, es hat 368 Seiten und kostet 26 Euro.

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