Stellen Sie sich einmal vor, Sie sind nicht Computerfachfrau, nicht Rechtsanwalt und nicht Ärztin, auch nicht Lehrer und nicht Speditionskaufmann, sondern Geräuschehändler. Was würden Sie verkaufen? Wenn ich selber so ein Geräuschehändler wäre, ich würde mir selbst „Stille“ verkaufen. Wenn es ruhig ist, kann ich am besten schreiben. Aber das ist ganz und gar nicht das, was sich am Montagmorgen die erste Kundin des Geräuschehändlers wünscht. Die Straßenlaterne von der Kreuzung tritt in den Laden und klagt darüber, dass es so still ist. „Du musst mir helfen. Ich kann einfach nicht leuchten. Es ist so still. Ich schlafe immer ein. Kaum Autos, keine Menschen, nur eine einzige Straßenbahn, um halb eins. Sonst nichts. Bitte, ich brauche dringend deine Hilfe.“

Der Geräuschehändler geht ins Lager, öffnet einen Jutesack, eine Blechdose, diverse Schachteln. Er lässt eine Handvoll Autovorbeifahr-Geräusche herauswehen, packt eine Handvoll davon in ein Tütchen, auch eine Messerspitze Martinshorn, ein paar Bremsquietscher, einen Spritzer Kinderlachen, schneidet Band von der Rolle, bindet das Tütchen zu und reicht es der Laterne. Autofahrergeschimpfe, sagt er, sei gerade aus. „Aber bitte vorsichtig öffnen. Immer nur eine winzige Prise für jede Nacht. Sonst kann außer dir auch niemand anders mehr schlafen.“ Das ist die Ur-Idee der Autorin Kathrin Rohmann: Jeden Tag kommt dann ein neuer, Geräusche suchender Kunde. Am Dienstag braucht der Zirkus eine Stimmungskanone. Am Mittwoch sucht das Gespenst gruselige Geräusche. Man kann das alles den Kindern vorlesen, man kann auch selber weitererzählen, fantasieren, man kann sich selber an seine Lieblingsgeräusche aus der Kindheit erinnern: an das Miauen der Katze von „Musch“, dem Kuscheltiger der Großmutter, an das Kratzen der Märchen-Schallplatten, an das Surren und Schnarren der Wählscheibe beim Telefon der Eltern. Zu den Geschichten des Buches hat Jule Wellerdiek ganz wundervolle Bilder gemalt.

Es ist, liebe Leserinnen und Leser, das erste Adventswochenende. Nicht nur die Omas und Opas suchen jetzt Bilder- und Vorlesebücher. Hier sind zwei solche Bücher, die auch Omas und Opas glucksen und lachen lassen:

Kathrin Rohmann, Jule Wellerdiek: Der Geräuschehändler. Dieses Buch für Kinder ab fünf Jahren ist 2025 schon in der 8. Auflage erschienen, Erstauflage 2023. Es ist erschienen im Münchner Verlag Knesebeck und kostet 16 Euro.