Ist das Pflegeheim der richtige Ort fürs Alter? Der Psychiater Klaus Dörner glaubt es nicht. Alte Menschen wollen und sollen, sagte er, möglichst lange, ja bis zuletzt, in den eigenen vier Wänden leben. Ein paar Jahre vor seinem eigenen Tod hat er ein kluges und humanes Buch über das Altern geschrieben, es heißt: „Leben und sterben, wo ich hingehöre.“ Er gehört, so Dörner, in seine Familie, in seine Nachbarschaft, in seine angestammte Umgebung. Dörner hält die Unterbringung der Alten und Dementen im Heim für ein Auslaufmodell, er spricht von einer „Konzentration der Unerträglichkeit.“
Er propagiert ein neues Hilfesystem aus Profis und neu belebter bürgerschaftlicher Selbsthilfe, er fordert, das „Separieren“ der Alten zu beenden – und plädiert für die Umwandlung von Heimen in ambulante Wohngruppen. Er nennt dieses neue Hilfesystem „dritter Sozialraum“; die Familie ist für ihn der erste, der Staat der zweite Sozialraum. Nachbarschafts-Wohnpflegegruppen und Pflegestützpunkte sollen entstehen: in der Stadt alle fünfhundert bis tausend Meter, auf dem Land alle fünf Kilometer. Dort könnten so auch „Gottes- und Menschen-Dienst zusammengeführt“ werden.
Das Buch ist nicht neu, es schon 2007 erschienen – aber es ist immer noch aktuell und höchst diskutierenswert. Der Autor ist 2022 verstorben, er war ein berühmter Wissenschaftler. Sein Hauptwerk „Irren ist menschlich“ ist 1988 erstmals erschienen und hat eine gute Psychiatriereform in Deutschland maßgeblich beeinflusst.
Klaus Dörner: Leben und sterben, wo ich hingehöre. Dritter Sozialraum und neues Hilfesystem. Das Buch ist 2007 im Paranus Verlag erschienen, es hat 220 Seiten und kostet 19 Euro.