Vor dreißig Jahren wurde das Asylgrundrecht geändert; es wurde degradiert zum Grundrechtlein. Ich war gegen diese Änderung, ich bin es immer noch. Solche Gesetzesänderungen ändern nichts an den Fluchtgründen. Ich war und bin deshalb gegen diese erste Grundrechtsänderung in der Geschichte der Bundesrepublik, weil das alte, das kompromisslose Asylgrundrecht aus dem Jahr 1949 eine notwendige Mahnung war, nicht die Augen zu verschließen vor dem Leid der Welt. Das alte Asylgrundrecht war eine Mahnung zur Fluchtursachenbekämpfung. Es machte kompromisslos klar: Wir können uns einmauern oder unseren Reichtum teilen.

Das deutsche Grundgesetz, der ellenlange, vor dreißig Jahren als „Asylkompromiss“ formulierte neue Asylartikel 16 a war und ist der Plan zum Einmauern. Diesen Plan setzt die EU jetzt auf europäischer Ebene fort; demnächst soll es einen europäischen Asylkompromiss geben, der Asyllager an neu befestigten Außengrenzen vorsieht. Das Gegenkonzept entwickelt ein Buch mit dem schlichten Titel „Flucht. Ursachen bekämpfen, Flüchtlinge schützen“. Es ist ein Band, den der ehemalige Umweltminister Klaus Töpfer, die frühere BUND-Präsidentin Angelika Zahrnt und der evangelische Theologe und Bürgerrechtler Ralf-Uwe Beck herausgegeben haben: 23 Autoren und Autorenteams befassen sich in relativ kurzen, aber sehr fundierten Beiträgen damit, wie „Perspektiven vor Ort“ geschaffen werden können. In seinem optimistischen Einleitungsbeitrag schreibt Gerd Müller, der frühere Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, jetzt Generaldirektor der UN-Organisation für industrielle Entwicklung: „Unser Reichtum ist Verpflichtung. Wir können eine friedlichere, bessere und gerechtere Welt schaffen, in der Menschen Perspektiven und Zukunft in ihrer jeweiligen Heimatregion finden.“ Das ist richtig, dauert aber länger als der Bau eines Grenzlagers.

Ralf-Uwe Beck, Klaus Töpfer, Angelika Zahrnt (Hrsg.), Flucht. Ursachen bekämpfen, Flüchtlinge schützen. Erschienen Ende 2022 im Oekom-Verlag; es hat 160 Seiten und kostet 22 Euro.

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